Mehr Laubwälder, mehr Schutzgebiete, weniger und schonendere Eingriffe – die Waldvision fußt auf drei zentralen Maßnahmen, die den Umbau von heute intensiv genutzten zu naturnahen und ökologisch wertvollen Wäldern ermöglichen.
Von Natur aus, also ohne die Eingriffe des Menschen, würde die Buche die Wälder Mitteleuropas an den meisten Standorten dominieren, oft in Mischung mit anderen Laub- und Nadelbaumarten. Durch die intensive Bewirtschaftung der Waldflächen sind in den vergangenen 150 Jahren in vielen Regionen in Deutschland einförmige Nadelbaumforste entstanden. Die Nadelbäume wachsen dabei häufig an Standorten, die natürlicherweise mit Laubwald bedeckt wären.
Der Waldumbau in der Waldvision soll die natürliche Dynamik und Laubbäume auf natürlichen Laubholzstandorten fördern und so diese Forste zu mehr Naturnähe überführen. Dabei sollen keine Pflanzungen stattfinden, sondern natürliche Verjüngung gefördert werden. So wachsen über die Zeit mehr Buchen, Eichen, und andere Laubbaumarten in den Wäldern in Deutschland. Dadurch soll der Wald stabiler werden gegenüber Störungen und dem Klimawandel, langfristig mehr Kohlenstoff binden und einen lebenswerten Raum für viele Tier- und Pflanzenarten bieten.
Natürliche Waldlandschaften sind auf der Erde selten geworden, nur 20 Prozent der einstigen Urwaldflächen sind erhalten. In Deutschland werden zurzeit etwa vier Prozent der Wälder nicht genutzt, zum Teil durch unwirtschaftliche Lagen, zum Beispiel an steilen Hängen. Nur etwas mehr als zwei Prozent der Wälder stehen in Deutschland gesetzlich oder vertraglich unter Schutz.
Neben Gebieten ohne Nutzung und solchen, die heute schon unter Schutz stehen, werden im Szenario Waldvision zusätzliche Flächen aus der Nutzung genommen, so dass insgesamt 16 Prozent der Waldfläche in Deutschland nicht bewirtschaftet werden. Die Auswahl der Flächen orientiert sich an bestimmten schützenswerten natürlichen Waldgesellschaften und Waldstrukturen. Dazu gehören besondere und seltene Gesellschaften wie Schlucht- und Auenwälder, aber auch alte Laubwälder. Damit trägt das Szenario insbesondere dem Ziel der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt (NBS) Rechnung, die verlangt, dass bis 2020 die natürliche Waldentwicklung auf 5 Prozent der gesamten Waldfläche bzw. 10 Prozent der Waldfläche der öffentlichen Hand in Bund, Ländern und Kommunen zu gewährleisten ist. Neben dem Schutz der biologischen Vielfalt dienen diese Flächen aber auch als Lernort, um die natürliche Waldentwicklung studieren und besser in den Wirtschaftswald integrieren zu können.
Wälder in Deutschland sind nicht besonders alt. Weniger als ein Viertel haben die 100 Jahre überschritten. Dabei nimmt das Wachstum von Wäldern mit dem Alter nicht unbedingt ab. Ihr ökologischer Wert steigt aber. Der frühe Erntezeitpunkt von Bäumen wird heute vor allem wirtschaftlich begründet.
Das Szenario Waldvision setzt eine ökologischere Waldwirtschaft in Deutschland um. Dabei dürfen die Bäume dicker werden und es werden weniger und seltener welche von ihnen entnommen. Besonders in frühen Entwicklungsphasen werden die Bäume ihrer natürlichen Entwicklung überlassen. Dabei wird insbesondere das Wachstum von Laubbäumen dort gefördert, wo sie auf natürliche Weise vorkommen würden. Insgesamt verringert sich die Menge des Holzes, das geerntet werden kann. Vor allem Laubholz kann weniger eingeschlagen werden. Damit es nicht zu vermehrten Importen kommt, muss Holz insgesamt effizienter genutzt werden. Heute wird Laubholz oft als Brennholz direkt verbrannt. In der Zukunft muss dagegen mehr von diesem Holz zum Bauen und Dämmen verwendet werden und die energetische Nutzung nur am Ende stehen.